Zu Gast bei Lukas Nagl und Max Deuker: In der Belétage im Hotel Post am See in Traunkirchen
Severin Corti

Das Hotel Post am See in Traunkirchen ist ganz neu – und beherbergt mit der Belétage ein in der Region verwurzeltes und dennoch kosmopolitisches Restaurant samt großartiger Cocktailbar. Lukas Nagl, der im benachbarten Bootshaus herausragendes Fine Dining macht, hat hier mit seinem Küchenchef Max Deuker ein Restaurant geschaffen, wie es sich auch echte Metropolen nur wünschen können.

Traunkirchen, das ist schon ein ganz besonders schöner Flecken Österreich. Wie sich die uralte Kirche und das Kloster da auf einer Halbinsel in den tiefen, klaren See hinauslehnen, wie sich rundherum ein kleines, sehr gepflegtes Dorf gruppiert, mit alten Fischerhäusern, behäbigen Gasthöfen und der einen oder anderen ehrwürdigen Villa aus der Jahrhundertwende: Viel schöner kann man sich das gar nicht erträumen.

Und mitten in diesem besonders prachtvollen Flecken sind zwei Hotels mit mehr als bemerkenswerten Restaurants. Wolfgang Gröller ist der Hotelier, der mit dem Das Traunsee und dem Hotel Post am See zwei echte Solitäre der österreichischen Gastlichkeit geformt hat. Im edlen Das Traunsee ist seit über zehn Jahren Lukas Nagl der Küchenchef des längst legendären Restaurants Bootshaus, wo er mit seiner dem See und seinen Schätzen zugewandten Küche zahllose Auszeichnungen, vom Gault-Millau Koch des Jahres abwärts, eingeholt hat.

Auf der Veranda der Belétage genießt man neben der Küche auch die herrliche Aussicht.

Während im Bootshaus Fine Dining auf singulärem Niveau das Thema ist, wird in der neuen Belétage des Hotel Post am See eine ganz entspannte Form des Genießens gepflogen. Hier ist Sharing das Thema, hier ist Essen mit den Fingern nicht nur erlaubt, sondern bei dem einen oder anderen Teller sogar unvermeidlich. „Traunkirchen ist eine kleine, beschauliche Ortschaft, dennoch möchten wir unseren Gästen an mehreren Abenden die Möglichkeit geben, das spezielle Flair und unsere Idee von regional gewachsenem, aber mit Blick über den Tellerrand und internationalen Techniken zubereitetem Essen auf verschiedene Art zu genießen“, sagt Lukas Nagl.

Wobei, so ganz stimmt das mit der Internationalität auch wieder nicht: In der Poststube 1327, dem zweiten (und bis vor Kurzem einzigen) Restaurant des Hotel Post am See, wird speziell die traditionelle, heute nur noch selten gepflegte heimische Küche aufgetragen – von klassischer Kaspressknödel- oder Milzschnitten-Suppe über ein idealtypisches Schnitzel vom Duroc-Schwein bis zu traumhaften Kardinalschnitten.

Aber zurück zum Das Traunsee und seinen Schätzen: Patron Wolfgang Gröller hat zwei Fischer in Diensten, die hauptberuflich und exklusiv für Lukas Nagl und die von ihm geleiteten Restaurants am See unterwegs sind. Sie fahren mit ihren Zillen bei Wind und Wetter hinaus, um Reinanken und Hechte, kleine (aber unheimlich festfleischige!) Ährenbarsche und köstliche Schleien zu fangen. Aber auch Zander und Wildkarpfen gehen den Männern ins Netz. In den Küchen des Hotel Post am See und des Bootshauses werden Delikatessen daraus, die den Geschmack des Salzkammerguts ganz unverwechselbar souverän einfangen. 

Es gehört aber ganz zentral zu Lukas Nagls Weltsicht und Küchenphilosophie, nicht nur auf die sogenannten Edelfische zu fokussieren, sondern auch jenen Fang zu ehren, der in der lokalen Tradition gern als „Katzenfisch“ geringgeschätzt wird. Die Brachse, ein vegetarisch lebender, weißfleischiger, aber auch sehr grätenreicher Fisch ist so ein Fall. „Den wird man sonst wirklich in keinem Restaurant finden, obwohl er einen ganz feinen, zarten Geschmack hat. Aber er gilt einfach als minderwertig wegen seiner Gräten“, sagt Nagl. 

Sharing (wie hier beim Catch of the day und anderen Köstlichkeiten) ist Teil des Konzepts.

Umso erstaunlicher ist es, welche Köstlichkeit Nagls ehemaliger Souschef und nunmehriger Küchenchef Max Deuker in der Belétage daraus zu zaubern versteht. „Wir filetieren die Brachse ganz klassisch, dann wird sie zur Haut hin fein geschröpft, um die Gräten kaltzustellen, bevor der Fisch mit einer Gewürzmischung und Zitronensaft eingerieben, mariniert, in griffigem Mehl gewendet und knusprig herausgebacken wird.“ In Kombination mit hauchdünn gehobeltem Fenchel und einer frischen Kräutermayonnaise ist das ein wahrhaft unwiderstehliches Gericht, das man nicht mehr vergisst – nicht schlecht für einen Fisch aus Wildfang, der sonst einfach weggeworfen wird.

Die Belétage nimmt fast das ganze erste Geschoß des Hotel Post am See in Anspruch, neben der Veranda mit Blick auf den See, dem für kleine Gruppen (oder einen großen Familientisch) idealen „Séparée“ und anderen Speisezimmern ist vor allem die sehr kosmopolitisch gestaltete Bar hervorzuheben. Sie ist das Herzstück des neuen Restaurants, der „Place to be“ vom frühen Abend bis 01:00 Uhr morgens. Chef de Bar Marcus Volsa kümmert sich exklusiv um die Bar und ist für seine mixologische Finesse bis über die Grenzen des Landes bekannt. Er versteht es, selbst Klassikern wie dem Negroni eine ebenso überraschende wie eigenständige Traunsee-Charakteristik zu verleihen. 

Und natürlich hat nicht nur die Bar, sondern auch die Belétage selbst einen Gastgeber – oder besser gesagt: eine Gastgeberin – der Sonderklasse: Als Leiterin des Service koordiniert Julia Seidl das Team des Belétage wie ein perfekt aufeinander eingestimmtes Orchester und sorgt für das gewisse „Essen wie bei Freunden"-Gefühl bei den Gästen, gepaart mit selbstverständlich lockerer, unaufdringlicher Professionalität.  

Das offene Feuer verleiht den Speisen unverwechselbaren Geschmack.

Essen kann man in der Belétage übrigens auch direkt in der Küche, am Pass, wo Küchenchef Max Deuker und sein Souschef Simon Harrer die Brigade dirigieren. Im Gegensatz zu anderen Restaurants mit Küchenbar wird hier nicht nur angerichtet und dekoriert, was irgendwo hinten zubereitet wurde, sondern ganz wirklich gekocht, und zwar für ein großes Restaurant. Da lodert das Holzfeuer, an dem alles Mögliche der Kraft des Feuers überantwortet wird: mächtige Steaks und ganze Fische etwa. Oder auch auf japanische Art auf einer Vielzahl dünner Spieße über die Flammen gehängte Fischfilets. Oder prachtvolle Stubenküken vom Bio-Bauern Hannes Scheibl aus Frankenburg – und nicht zuletzt auch Gemüse und frische Waldpilze in Grillkörben. Es wird Rohes filetiert und als Sashimi gereicht oder knusprig frittiert, dass es vor Saft und Kraft ganz buchstäblich kracht. Es dampft und zischt, es kann, wenn gerade richtig viel los ist, auch ganz kurz einmal laut werden – aber stets auf freundschaftliche, zugewandte, niemals unangenehme Art.

Die Karte fächert sich in fünf Bereiche auf: „Eingelegt“ umfasst von jungen Gurken in hauseigener, ungepresster Sojasauce über köstlich zart schmelzende Ährenbarsche „in saor“ nach venezianischer Art bis zu Burrata in herausragendem Olivenöl mit süßen Erdbeeren und scharfen Radieschen erste, verlockende Happen. Unter „kalt“ firmieren dann herrlich samtige Erbsen-Guacamole, nach Art eines Papaya-Salats angemachte Kohlrabi mit hauseigener Fischsauce und oberösterreichischen Erdnüssen und Ingwer oder ein faszinierendes Sashimi aus dem Salzkammergut mit Reinanke, Zander, Rauchaal aus dem Mondsee oder anderen Schätzen je nach Tagesfang. Statt Wasabi gibt es Kren, die Sojasauce fermentiert Nagl mit seinen Luvi-Fermente-Kompagnons selbst aus heimischer Bioware.

Bei „frittiert/gedämpft“ darf man sich die bereits erwähnte Brachse („Traunsee-Backfisch“) nicht entgehen lassen, aber auch der Mühlviertler Tofu, in Luvi-Miso mariniert und knusprig frittiert, mit schmelzig sauren Melanzani an der Seite, ist unvergesslich gut. „Holzkohlegrill“ birgt dann vegetarische Herrlichkeiten wie die Topinambur samt Pimientos, die vor dem Grillen in Traunsee-Garum mariniert werden, oder herrlich saftige, subtil gewürzte Köfte vom Rutzenmooser Bio-Lamm mit Bauernjoghurt und frischer Minze oder einen unwirklich zarten Bauch vom Duroc, der mit erntefrisch eingekochtem Apfel und Goiserer Senf aufgetragen wird.

„Alles dürfen, nichts müssen“, ist das Motto im Hotel Post am See - gilt auch beim Frühstück!

Und hinterher? Sollte man sich unbedingt Platz lassen, ob für die konkurrenzlos würzig gereiften Rohmilch-Leckereien von Kaes.at-Affineur Stephan Gruber oder, völlig unwiderstehlich, die knusprig fruchtig gratinierten Himbeeren aus dem nahen Kremstal, die Deuker mit dem herrlich samtigen Topfen der kleinen Gourmet-Käserei Höflmaier kombiniert. Wer wissen will, wie gut Miso und Zotter-Schokolade harmonieren, kommt beim unverschämt cremigen Dessert dieses Namens auf seine Rechnung.

Spätestens dann aber ist es Zeit, sich wieder in die Bar zu verfügen, es ist nämlich wirklich außergewöhnlich, was für eine vor Witz, guter Stimmung und gemeinsamer Freude an diesem schönen Platz am See geradezu prickelnde Atmosphäre sich zwischen den Gästen beider Hotels und vergnügungsfreudigen Genießerinnen und Genießern aus der Gegend hier allabendlich entwickelt. Aber was tun, falls man tatsächlich einmal einen Drink zu viel gehabt haben sollte und am Morgen danach leicht zerknautscht aus dem Zimmer kommt? Ein Sprung in den kühlen, klaren See macht es in der Sekunde wieder gut. Oder, falls einem das gar zu erfrischend erscheint: Der geheizte Open-Air-Pool wartet auf dem Dach des Hotel Post am See!

Hotel Post am See

Ortsplatz 5
4801 Traunkirchen

Fotocredits: Julia Nimke, Christof Wagner, Georg Kukuvec, Videoanimation: Tina Wieser

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