Seewinkler Sonnengemüse: Paprika – knackige Köstlichkeiten aus der Neusiedler See-Region
Nikolaus Prokop

Eigentlich stammt die Paprika ja aus Amerika. Doch im sanften pannonischen Klima rund um den Neusiedler See fühlt sich die ursprünglich in Ungarn erfundene milde Gemüsepaprika schon seit Langem ganz besonders wohl. Das wissen auch die beiden Paprikaexperten Johann und Lisa Thell, die in Pamhagen im Seewinkel köstliche knackfrische Blockpaprika, Snackpaprika und Spitzpaprika in konsequent nachhaltig orientiertem Anbau kultivieren – in allen Farben und auf allerhöchstem Qualitätsniveau.

Würde man in Österreich eine Straßenumfrage machen, woher denn eigentlich die Paprika ursprünglich stammt, würde man wohl größtenteils zur Antwort bekommen: aus Ungarn. Und das klingt durchaus logisch und nachvollziehbar, obwohl die richtige Antwort lautet: Amerika. Denn beim Wort Paprika – oder genauer gesagt, beim Paprikapulver – denkt man hierzulande natürlich sofort an Gulasch und Paprikahendl, und diese Rezepte haben wir uns ja eigentlich von unseren östlichen ungarischen Nachbarn angeeignet. Und völlig falsch ist die Antwort im Grunde auch nicht. Denn die milde Gemüsepaprika, wie wir sie heute kennen, entstand als besondere Paprikazüchtung tatsächlich in Ungarn: Dort gelang es Anfang der 1950er-Jahre erstmals, neue Paprikasorten ohne Schärfe bzw. mit sehr wenig Capsaicin zu züchten – jene Substanz, die z. B. bei scharfen Chilis dafür sorgt, dass uns beim Genuss der Schweiß auf der Stirn steht.

Leidenschaftliche Paprikaspezialistin in der dritten Generation: Lisa Thell ist vor vier Jahren in den elterlichen Betrieb eingestiegen und sorgt gemeinsam mit ihrem Vater für Top-Paprikaqualität in großer Sortenvielfalt aus dem Seewinkel. 

Ursprünglich jedoch waren bis vor rund siebzig Jahren so gut wie alle Paprikasorten ziemlich feurig – denn schließlich bedeutet ihr ursprünglich aus dem Serbokroatischen stammender Name „die Scharfe“. Das galt damals auch für die großen Gemüsepaprika, selbst wenn schon im 17. Jahrhundert allmählich die ersten Experimente begannen, im Schärfegrad etwas gemäßigtere Paprikasorten zu züchten. Und ihre eigentliche Heimat hat die Paprika in Südamerika, wo sie im 15. Jahrhundert von den spanischen Eroberern entdeckt und als willkommene Aufschärfung des Speiseplans mit nach Hause genommen wurde. Schnell wurde die Paprika deshalb in Europa und bald auch am Balkan und in der Türkei vor allem als scharfes Gewürz sehr beliebt, insbesondere auch, weil sie weitaus billiger als der damals extrem teure Pfeffer aus Asien war – daher auch ihre damalige Bezeichnung „Spanischer Pfeffer“. 

Bis vor rund siebzig Jahren waren so gut wie alle Paprikasorten ziemlich feurig. Die milde Gemüsepaprika, wie sie heute auch Familie Thell im Seewinkel anbaut, wurde erst in den 1950er-Jahren als neue Züchtung in Ungarn entwickelt.

Doch wie gesagt: Ihren großen Durchbruch vom Gewürz zum allseits beliebten knackigen Gemüse hat die Paprika erst vor relativ kurzer Zeit mit ihrer erfolgreichen „Entschärfung“ geschafft. Und damit sind wir bei jener Frucht gelandet, um die sich heute bei Johann und Lisa Thell in ihrer Gärtnerei im nordburgenländischen Pamhagen alles dreht. Denn Johann Thell ist mit großer Leidenschaft Gemüsebauer und hat sich ganz der Paprika verschrieben. Ihren Gemüseanbau im Seewinkel hatte die Familie Thell ursprünglich schon in den 1970er-Jahren gestartet, zunächst allerdings noch als kleine, gemischte Landwirtschaft, bei der auch Acker- und Weinbau eine Rolle spielte. 

Doch als Johann Thell 2006 den elterlichen Familienbetrieb übernahm, war die große Stunde der Paprika gekommen: Johann Thell begann sich auf verschiedene Paprikasorten zu spezialisieren, stellte die Gemüsegärtnerei konsequent auf eine Ganzjahresproduktion im geschützten Glashausanbau um und brachte so auch eine neue Vielfalt in die Regale des Lebensmittelhandels und in die heimische Küche. Heute kultiviert der Betrieb neben grünen, gelben, roten und orangen Blockpaprika auch bunte Spitzpaprika sowie die allseits beliebten kleinen und besonders geschmacksintensiven Snackpaprika. 

Der mutige Schritt zum Paprikaspezialisten machte sich bald mit entsprechendem Erfolg und großer Nachfrage bezahlt: Ursprünglich hatte der Paprikaanbau auf nur zwei Hektar Anbaufläche begonnen, heute hat der Betrieb mit knapp sechs Hektar auf die fast dreifache Fläche expandiert. Und nicht nur die Qualität der Paprika aus dem Hause Thell ist beeindruckend, sondern auch der hohe Aufwand in den mit modernster Technik ausgestatteten Gewächshäusern, um einen möglichst nachhaltigen und ressourcenschonenden Anbau zu gewährleisten. So wird etwa das überschüssige Gießwasser gesammelt und wiederverwendet, auch der großflächige Einsatz von natürlichen Nützlingen zur Schädlingsbekämpfung spielt im geschützten Anbau eine große Rolle. Zahlreiche Hummelvölker haben bei Johann Thell ebenfalls ein paradiesisches Zuhause gefunden und sorgen fleißig für die Bestäubung der Paprikakulturen.

Darüber hinaus ist im Thellschen Familienbetrieb auch schon in der nächsten Generation für besondere Leidenschaft und Innovation im Paprikaanbau gesorgt. Denn die zweiundzwanzigjährige Tochter Lisa ist vor vier Jahren in den elterlichen Betrieb eingestiegen und – in bester Familientradition – ebenfalls eine begeisterte Paprikaexpertin. Gemeinsam sind Vater und Tochter stets am Tüfteln und auf der Suche nach besonders geschmacksintensiven und vitaminreichen Gemüsesorten. Deshalb nutzen sie ihre Gewächshäuser auch gerne als zukunftsorientiertes Experimentierlabor, in dem sie laufend neue Anbauversuche starten.

Und da im Seewinkel wohl kaum jemand so viel über Paprika weiß wie Lisa und Johann Thell, können sie natürlich auch genau erklären, welche ihrer vielfältigen Sorten für welchen Genusszweck am besten geeignet sind: „Bei unseren Snackpaprika ist klarerweise der Name Programm – sie sind für jede Gelegenheit und einfach zum Abbeißen zwischendurch ideal, als gesunder und vitaminreicher Snack, denn keine andere Gemüseart hat einen höheren Vitamin-C-Gehalt als Paprika. Mit ihrer kleinen Größe sind sie auch sehr praktisch zum Mitnehmen und passen optimal in jede Lunch Box. Unsere bunten Spitzpaprika sind wiederum speziell für Salate perfekt und schmecken auch direkt frisch aufs Brot einfach köstlich. Und last but not least haben wir natürlich unsere grünen, gelben, roten und orangen Blockpaprika, die auch roh hervorragend schmecken. Zugleich sind sie aber auch jene Sorte, die am allerbesten zum Kochen, zum Braten, zum Schmoren und auch zum Grillen geeignet ist – auch die klassischen gefüllten Paprika gelingen etwa mit dieser sehr robusten und aromatischen Sorte besonders gut.“

Für unseren Rezepttipp hat sich Martina Hohenlohe gemeinsam mit Lisa Thell allerdings in ihrem Kochstudio keinen österreichischen Klassiker ausgesucht, sondern die weite Reise zurück ins Ursprungsland der Paprika gemacht: nach Amerika. Denn hier spielt speziell in der Küche der Südstaaten die Paprika gemeinsam mit ihrer scharfen Cousine, der Chili, schon lange eine besonders große Rolle – und das insbesondere bei einem ganz besonderen Traditionsrezept der regionaltypischen Cajun-Küche in Louisiana und New Orleans, dem sogenannten Gumbo.

Spannend ist die Cajun-Küche vor allem deshalb, da sie in einem besonders köstlichen Sinne sehr multikulturell ist: In ihr verschmilzt die an der klassischen französischen Cuisine orientierte Genusstradition der ursprünglich aus Frankreich stammenden Siedler in Louisiana mit dem „Soul Food“ der afroamerikanischen Bevölkerung und auch so manchen spanischen Inspirationen zu einer begeisternden Crossover-Kultur des Kochens mit oft sehr deftigen und feurigen Gerichten. Legendär ist neben dem Gumbo etwa auch die „Jambalaya“, ein paellaähnliches Cajun-Reisgericht mit viel Gemüse, Fleisch, Fisch und Meeresfrüchten, „Maque Choux“, ein würzig-scharfes Maisgericht mit Paprika, Zwiebeln, Tomaten und Speck, und natürlich der berühmte „Dirty Rice“, ursprünglich ein Resteessen aus Reis, Hühnerleber, Gemüse und übriggebliebenem Rind-, Hühner- oder Schweinefleisch. 

Das allerwichtigste Element dieser faszinierenden Kultur des Kochens – und damit sind wir wieder bei der Paprika – ist allerdings die sogenannte „Holy Trinity“ der Cajun-Küche, die Heilige Dreifaltigkeit aus gewürfelter Gemüsepaprika, Zwiebeln und Staudensellerie. In Öl oder Fett angeröstet, bilden diese drei unverzichtbaren Zutaten die Grundlage für nahezu alle Cajun-Gerichte, von Gumbo über Jambalaya bis Dirty Rice und noch viele Rezepte mehr – ohne „Holy Trinity“ und daher ohne Paprika wäre die Cajun-Küche nicht denkbar. 

Bei Martina Hohenlohes Gumbo-Interpretation ist das selbstverständlich genauso, und hier sorgt beim Anrösten auch noch eine tüchtige Portion scharfe spanische Chorizo-Wurst gemeinsam mit Knoblauch, Chili und Paprikapulver für intensive Aromen. Apropos Schärfe: In seiner Heimat New Orleans wird Gumbo gerne äußerst feurig serviert – wer bei der Dosierung der Chilischoten also noch etwas mehr zulegen oder gar mit diversen Hot Sauces wie Tabasco & Co. experimentieren will – nur zu. Und selbstverständlich kann man Gumbo nicht nur wie bei Martina Hohenlohes Rezept traditionell mit Garnelen oder Seafood zubereiten, sondern das Basisrezept auch nach Herzenslust kreativ variieren. 

Denn in Louisiana sind auch viele Gumbo-Varianten mit diversen Fleischsorten oder Huhn sehr beliebt, und natürlich kann Gumbo auch nur mit Gemüse und z. B. Tofu, Seitan oder Pilzen als vegane oder vegetarische Variante zubereitet werden. Ein wichtiger Tipp zum Schluss: Ganz wie ein Gulasch werden auch viele Gumbo-Varianten durch eine möglichst lange, langsame Kochzeit besonders delikat, da die Aromen mit der Zeit immer harmonischer miteinander verschmelzen. Bei der Garzeit heiklere Zutaten wie Garnelen etc. fügt man natürlich erst zum Ende der Kochzeit hinzu. Gutes Gelingen und guten Appetit!

Zutaten erhältlich bei METRO.

Paprika-Shrimp-Gumbo mit Chorizo

Seafood 40 Minuten

Zubereitung:

Die Tomaten vierteln, Kerne entfernen, Fruchtfleisch in Würfel schneiden, eventuell austretenden Saft auffangen. Chorizo in Scheiben schneiden. Zwiebel und Knoblauch schälen, beides fein hacken. Stangensellerie waschen, putzen, in 5 mm dicke Scheiben schneiden. Paprikaschoten waschen, Kerngehäuse entfernen, Fruchtfleisch in kleine Würfel schneiden. Chilischoten entkernen und würfeln. 


Chorizo in einem großen Topf in 1 EL Öl knusprig braten. Zwiebeln, Knoblauch und Chili 3–4 Minuten mitbraten. Paprikapulver, Chiliflocken und 1 TL Salz mitrösten. 


Dann die Paprikawürfel zugeben, alles gut durchmischen und weitere 6 Minuten braten. Mit einem Schuss Rotwein ablöschen. 


Sellerie und die Tomaten samt ihrem Saft zugeben und 10 Minuten köcheln lassen. Evtl. mit Salz und Pfeffer nachwürzen, Essig unterrühren. 

Topf von der Flamme ziehen, die Garnelen zugeben und zugedeckt ca. 3 Minuten gar ziehen lassen. 


Frühlingszwiebel in Ringe schneiden, zum Servieren darüber streuen.

Zutaten für 4–6 Portionen

700 g Garnelen (roh, ohne Schale, ohne Kopf)
700 g sehr reife Tomaten
200 g scharfe Chorizo
1 große Zwiebel
3 Zehen Knoblauch
3 Stangen Sellerie
1 grüne Paprikaschote
1 gelbe Paprikaschote
1 rote Paprikaschote
2 große grüne Chilischoten
1⁄2 TL geräuchertes Paprikapulver
1⁄2 TL getrocknete Chiliflocken
1 EL Weißweinessig
1 Frühlingszwiebel
1 Schuss Rotwein
schwarzer Pfeffer aus der Mühle
Salz

gourMETRO
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Fotocredits: www.zweischrittweiter.at, Stockfood

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