in Restaurant mit fleischloser Vollwertküche in Bio-Qualität? Konsequent auf Nachhaltigkeit ausgerichtet? Idyllisch gelegen in einem wunderschönen, stilvoll revitalisierten alten Wiener Beisl mit Originaleinrichtung und hübschem Gastgarten? Und das mitten im mittlerweile äußerst angesagten 15. Bezirk? Klingt wie eine Geschäftsidee, die geradewegs aus dem Wiener Green-Economy-Hipster-Bilderbuch anno 2022 stammen könnte.
Tatsächlich ist die Idee allerdings schon dreiundzwanzig Jahre alt – und als sie entstand, konnte von Hipness noch keine Rede sein. Denn vor 23 Jahren, als Margit und André Stolzlechner ihre Hollerei in einer stillen, abgelegenen Seitengasse der Sechshauser Straße im damals als eher fragwürdiges „Rudolfscrime“ bekannten Bezirk eröffneten, tickten die Uhren noch völlig anders. Nachhaltigkeit war in den späten Neunzigerjahren noch weitgehend ein Fremdwort statt Schlagwort des Jahrzehnts. Und vegetarische oder gar vegane Ernährung galt als marginaler, nur in ein paar versteckten Reformshops vertretener Nischentrend: Eine Spinnerei von ein paar Öko-Fanatiker und Öko-Fanatikerinnen, so dachte man, die in der ernstzunehmenden Gastronomie rein gar nichts verloren hatte. Ein fleischloses Restaurant? Damals kaum eine Spur davon, geschweige denn in Wien.
„Als wir mit der Hollerei gestartet haben, gab es, wenn überhaupt, vielleicht noch zwei oder drei andere fleischlose Lokale in Wien – wir waren wirklich ein absolutes Minderheitenprogramm“, erinnert sich Margit Stolzlechner heute an die frühen Pionierzeiten. „Manchmal gab es in den ersten Jahren auch Tage, an denen nur drei, vier Gäste bei uns vorbeischauten und an denen wir auch schon mal ans Zusperren dachten. Hie und da kamen auch Gäste, die uns für ein gewöhnliches Gasthaus hielten, ein Schnitzel bestellten und dann enttäuscht wieder gingen.
Doch relativ schnell hat sich dann eine kleine Fan-Community der Hollerei entwickelt, die mit der Zeit immer größer wurde und die uns bis heute treu geblieben ist. Gäste, die oft quer durch die ganze Stadt zu uns fuhren, oder die gar von auswärts anreisten, nur um bei uns zu essen – und die das auch heute noch gerne tun. Denn Essen ist ja weitaus mehr als nur Nahrungsaufnahme: Es geht um ein Gefühl der Gemeinschaft und des Zusammenseins. Menschen lieben Orte, an denen sie sich unter Gleichgesinnten, bei Menschen mit ähnlichem Geschmack, gut aufgehoben fühlen. Und einen solchen Ort zu schaffen, ist uns mit der Hollerei offenbar gut gelungen.“
„Schon vor vielen Jahren, als ich mir die ersten Inspirationen für die Gründung der Hollerei aus anderen Ländern geholt habe, habe ich festgestellt, dass wir in Österreich im internationalen Vergleich ziemlich rückständig sind, was fleischlose Küche betrifft. Und das färbt natürlich auch bis heute auf die Personalsituation ab: Es ist unheimlich schwierig, Köchinnen oder Köche zu bekommen, die das nötige fleischlose Know-how bereits mitbringen, da es derzeit dafür kaum Ausbildungsmöglichkeiten gibt. Wenn wir neue Leute aufnehmen, bedeutet das für diese viel Learning-by-doing bei uns im Betrieb. Denn für unsere Küche braucht es viel Liebe und Begeisterung für die Welt der pflanzenbasierten Zutaten – und die bekommt man in den österreichischen Gastro-Fachschulen auch heute nur selten mit auf den Weg.“
Um ausbleibende Gäste wie in den allerersten Tagen muss sich Margit Stolzlechner daher keine Sorgen mehr machen, denn vom einstigen Geheimtipp ist die Hollerei längst zur weithin bekannten Institution geworden. Wer abends in Wiens wahrscheinlich schönstem und gemütlichstem fleischlosen Gasthaus speisen will, tut deshalb gut daran, schon einige Tage im Vorhinein zu reservieren – nur zu Mittag ergattert man mit etwas Glück eventuell auch spontan einen Tisch. Doch ein ganz anderes Problem plagt Margit Stolzlechner, und das ist der Nachwuchs: „Wer heute vierzehn Jahre alt ist, eine Kochlehre beginnt und dabei fleischlos kochen lernen will, hat es in Österreich nicht leicht“, stellt sie bestürzt fest. „Da ist einerseits die junge Fridays for Future-Generation, der Nachhaltigkeit und fleischlose Ernährung besonders wichtige Anliegen sind. Und da ist andererseits ein veraltetes Ausbildungssystem, das meiner Meinung nach noch viel zu sehr in der Vergangenheit feststeckt und in dem Fleisch immer noch eine zentrale Rolle spielt“, berichtet sie von ihren Erfahrungen bei der Suche nach Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen.
„Schon vor vielen Jahren, als ich mir die ersten Inspirationen für die Gründung der Hollerei aus anderen Ländern geholt habe, habe ich festgestellt, dass wir in Österreich im internationalen Vergleich ziemlich rückständig sind, was fleischlose Küche betrifft. Und das färbt natürlich auch bis heute auf die Personalsituation ab: Es ist unheimlich schwierig, Köchinnen oder Köche zu bekommen, die das nötige fleischlose Know-how bereits mitbringen, da es derzeit dafür kaum Ausbildungsmöglichkeiten gibt. Wenn wir neue Leute aufnehmen, bedeutet das für diese viel Learning-by-doing bei uns im Betrieb. Denn für unsere Küche braucht es viel Liebe und Begeisterung für die Welt der pflanzenbasierten Zutaten – und die bekommt man in den österreichischen Gastro-Fachschulen auch heute nur selten mit auf den Weg.“
Liebe und Begeisterung – einfacher lässt sich die Küchenphilosophie der Hollerei wohl kaum auf den Punkt bringen. Denn eine derart souveräne fleischlose Küche beutelt man eben nicht schnell im Vorübergehen aus dem Ärmel. Und die über zwei Jahrzehnte Erfahrung im sorgfältigen Umgang und speziell auch bei der Würzung pflanzenbasierter Zutaten schmeckt man tatsächlich bei jedem Gericht. Von der mächtigen alten Bretschneider-Holzschank, wie sie früher in vielen längst verschwundenen Vorstadtbeisln zum Pflichtinventar jedes urigen Wiener Bier- und Gulaschtempels zählte, darf man sich freilich beim Betreten nicht täuschen lassen.
Denn hier, im liebevoll erhaltenen und äußerst elegant aufgehübschten Wirtshausjuwel samt lauschigem Gastgarten, weht in puncto Küchenlinie ein durchaus internationaler Wind mit deutlichen asiatischen und mediterranen Einflüssen: Exzellente Currys, Risotti und Wok-Gerichte umschmeicheln hier etwa den anspruchsvollen vegetarischen oder veganen Gaumen, genauso wie knusprige Samosa, üppig gefüllte Burritos oder Spring Rolls und knackig kreative Salate (etwa mit gegrillter Polenta oder Austernpilzen) in großzügiger Hauptspeisendimension – und wer je den famosen Burger mit Quinoa-Bohnen-Patty probiert hat, weiß, dass Fleischverzicht in der Hollerei jedes Mal aufs Neue eine lohnende Überraschung bedeutet.
Übrigens: Nicht nur die kleine, aber in ihrer Treffsicherheit umso feinere Weinkarte der Hollerei mit einem kompakten Best of der österreichischen Winzer- und Winzerinnenszene kann sich sehen lassen. Auch bei den Craft Bieren (z. B. Karehbik Pale Ale der kleinen, ebenfalls in Rudolfsheim beheimateten Wiener Braumanufaktur Rehschädl) und insbesondere bei den Aperitifs und Cocktails merkt man die Liebe zum Detail: Bei einem sorgfältig gemixten Negroni mit hauseigenem Hollerei-Gin und Dirndl-Likör kann der Abend aufs Wunderbarste ausklingen – oder auch erst beginnen. Und wer Glück hat, kann dann eventuell gleich gegenüber noch eine Vernissage mit ambitionierter und zumeist junger österreichischer Kunst besuchen. Denn als einstiger Betreiber und Betreiberin des Restaurants im ehemaligen Essl-Museum in Klosterneuburg haben sich die beiden Stolzlechners schon vor vielen Jahren mit der Liebe zur modernen Kunst infiziert – und betreiben deshalb im Haus vis à vis auch noch eine Kunstgalerie.
Fotocredits: Stefan Joham
und 35.000 Gastbetriebe gibt es in Österreich, die meisten davon Familienbetriebe – und so mancher davon könnte mit seiner Geschichte durchaus das Drehbuch für einen kleinen Heimatfilm liefen. Denn es war einmal in den frühen Sechzigerjahren, als das junge Ehepaar Franz und Traudi Zebhauser im idyllischen Salzburger Land eine gute Geschäftsidee hatte: Sie bauten an der Käferheimerstraße im kleinen Salzburger Vorort Wals unweit der deutschen Grenze eine einfache, aber gemütliche Imbissstube – und bald wurde ihr Saalachstüberl zur beliebten Einkehradresse für Einheimische genauso wie für die zahlreichen Urlauber und Urlauberinnen.
Sechsunddreißig Jahre später, pünktlich zur Jahrtausendwende, übernahm dann Tochter Waltraud gemeinsam mit ihrem Mann Alexander Fuchs den Betrieb, und die beiden machten aus dem Stüberl das respektable Gasthaus Saalachstubn, das weithin für seine exzellente, traditionelle Küche bekannt ist. Seit Kurzem hat die Saalachstubn allerdings einen neuen Chef, einen neuen Namen und ein neues Konzept – doch die alte Familientradition soll dabei keineswegs auf der Strecke bleiben.
Denn im Frühling dieses Jahres hat Stefan Fuchs, der als Junior schon lange in der elterlichen Küche werkte und dort auch bereits 2019 die erste Haube erkochte, nun in dritter Generation das bald sechzig Jahre alte Gasthaus übernommen. Mit viel Aufwand und Geschmack wurde der Betrieb vom oberösterreichischen Designbüro Dutzler Design zum zeitlos modernen Fuchsbau umgestylt: mit einem Ambiente, das zeitgemäß gemütliche Wohnzimmeratmosphäre bieten soll, und mit einer Küchenlinie, die von der bewährten Bettljaus’n bis zur Cuisine Alpine auf Haubenniveau einen großen Bogen von bodenständig bis anspruchsvoll spannt.
Apropos Cuisine Alpine: Von deren Erfinder Andreas Döllerer, der dreißig Kilometer weiter südlich in Golling an der Salzach seine mit vier Hauben gekrönten Genusswelten betreibt, hat sich Stefan Fuchs im Lauf seiner Karriere immer wieder mit Begeisterung inspirieren lassen, wie er gerne erzählt. Sein Handwerk hat er u. a. im Zwei-Hauben-Gwandhaus in Anif gelernt und im Drei-Hauben-Schlossrestaurant am Fuschlsee, mit achtzehn Jahren war er österreichischer Lehrlings-Staatsmeister und heute, mit nur neunundzwanzig Jahren, trägt er bereits stolz den Titel eines Euro-Toques Ambassadors.
Dementsprechend anspruchsvoll ist auch seine regionale Küchenphilosophie, deren Zutaten er nahezu ausschließlich aus einem Umkreis von ca. dreißig Kilometern bezieht. Und mit entsprechendem Überraschungspotenzial präsentiert sich auch so manches Gericht: Brachse, den auf heimischen Speisekarten heute eher selten gesichteten klassischen Süßwasserfisch, bereitet Fuchs etwa in einem leichten Sauerkrautfond mit dezent säuerlichen Fermentnoten zu, vom Grödiger Schwein serviert er gerne mal zum Rücken auch den Rüssel, und ein zart geschmortes Ochsenherz mit fermentiertem weißen Spargel, Ananas und Liebstöckel beweist, dass auch Innereien hier eine wichtige Rolle spielen.
Eine zusätzliche Besonderheit in Stefan Fuchs’ konsequentem Regionalkonzept: Nicht nur der Fisch stammt etwa vom nahen Obertrumer See oder der direkt benachbarten Saalach und das Wild vom Untersberg, vom Staufen und aus Hallstatt – das Wildgeflügel stammt sogar von direkt nebenan. Denn Familie Fuchs betreibt nur einige Häuser weiter eine Wildvogelzucht. Die Wachteln, Fasane und Rebhühner, die während der Wildwochen im Fuchsbau serviert werden, fliegen also beinahe von selbst von der Volière in den Topf.
Und da die Geschichte des Fuchsbaus ja vor langer Zeit als schlichte Imbissstube begann, gibt’s natürlich neben der exquisiten, monatlich wechselnden Gourmetkarte auch eine zünftige Jausen- und Wirtshauskarte, auf der Essigwurst, kalter Schweinebraten, Tafelspitzsulz oder auch Schnitzel, Gulasch und Beuschel ganz wie früher in bester Qualität offeriert werden. „Man darf nicht vergessen, dass wir hier auf dem Land zu Hause sind und neben unserem Gourmetangebot natürlich auch noch immer ein Gasthaus für unsere treuen Stammgäste bleiben wollen – da kann man nicht den ganzen Tag lang nur Jakobsmuscheln mit Hummerschaum kochen.“
Ganz wie früher geht es trotz aller Innovationen auch in puncto Teamgeist in der Küche des Fuchsbaus zu. Denn auch wenn der Junior mittlerweile die Geschäftsleitung übernommen hat, steht ihm die ganze Familie immer noch tatkräftig zur Seite. „Meine Eltern sind meine besten und erfahrensten helfenden Hände“, lacht Stefan Fuchs. „Meine Mutter steht nach wie vor gemeinsam mit mir in der Küche, und mein Vater sorgt draußen im Service dafür, dass sich unsere Gäste bei uns wohlfühlen. Und hie und da schaut sogar auch noch meine Oma vorbei, um zu besonderen Gelegenheiten urige Spezialitäten, wie z. B. Bauernkrapfen und Pofesen, zu backen. Dass wir im Betrieb über drei Generationen hinweg so gut harmonieren, spüren natürlich auch unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sowie unsere Gäste sehr positiv – wir sind rundum ein echter Familienbetrieb, und ich bin stolz darauf, dass jede Generation jeweils zu ihrer Zeit ein wichtiges Stück zum heutigen Erfolg beigetragen hat.“ Und da Stefan Fuchs Vater einer dreieinhalbjährigen Tochter ist, stehen die Chancen nicht schlecht, dass der Fuchsbau eventuell eines Tages auch in vierter Generation in die nächste Runde geht.
Fotocredits: METRO Österreich