LGV Sonnen­gemüse: Die Exoten aus Österreich
Nikolaus Prokop

Spätestens seit dem vergangenen Rekordsommer ist klar: Der Klimawandel wird in den kommenden Jahrzehnten deutliche Spuren in der österreichischen Agrarlandschaft hinterlassen und in so manchen Anbaubereichen neue Wege und Strategien erfordern.

D

er METRO Kooperationspartner LGV Sonnengemüse als eine der führenden Gemüse-Erzeugergenossenschaften des Landes forscht bereits heute daran und lässt in innovativen und erfolgreichen Anbauversuchen so manche Exoten aus heimischer Erde sprießen: für umweltfreundlich kurze Transportwege und mehr regionale Nahversorgung auch bei ausgefallenen, ursprünglich aus fernen Ländern stammenden Gemüsespezialitäten.

„Farm to Table“, vom Bauernhof in die Küche – das ist einer der kulinarischen Megatrends, die bereits seit geraumer Zeit nachhaltig denkende Gourmets begeistern. Denn je kürzer der Weg vom Produzenten und der Produzentin zu den Konsumenten und Konsumentinnen, desto knackfrischer die Ware. Und vor allem: desto geringer der ökologische Fußabdruck, der Energieverbrauch und die CO2-Emissionen dank kurzer Transportwege.

Einer, der das schon seit Langem weiß, ist der Simmeringer Gemüsegärtner Karl Herret. Schon seit fünf Generationen und bald 150 Jahren betreibt seine Familie Gemüsebau vor den Toren Wiens. Und mit den rund 1,2 Hektar Anbaufläche zählt sein Betrieb zu jenen vorbildlichen Wiener Stadtrandgärtnereien, die mit ihren nachhaltigen, authentischen Produkten heute wieder voll im Trend liegen. Denn mittlerweile weiß man längst wieder, dass die urbanen Äcker und Felder an der Grenze zur Großstadt ein hervorragendes und vor allem auch nahes Terrain für köstliche, regionale Gemüsesorten in bester, nachhaltiger Qualität bieten. Dafür garantiert einerseits das wertvolle, seit Generationen bewahrte Gärtner- und Gärtnerinnen-Know-how der alten Familienbetriebe, das dafür sorgt, dass sich hier bei Karl Herret alte, g’schmackige Fleischtomatensorten genauso wohl fühlen wie Midi-Paradeiser, Rhabarber und viele Köstlichkeiten mehr für das gut gefüllte Gemüsekörbchen vitaminhungriger Stadtbewohner und -bewohnerinnen.

LGV Sonnengemüse – mit mutigen Testanbauten für Genuss und Klimazukunft

Und andererseits bürgt dafür ein großer und ambitionierter Dachbetrieb, denn mit seiner Gemüsegärtnerei ist Karl Herret keineswegs allein: Als Erzeugergenossenschaft von mehr als 160 familiär geführten Gärtner- und Bauernbetrieben ist der METRO Kooperationspartner LGV Sonnengemüse mit einem Produktionsvolumen von mehr als 45.000 Tonnen jährlich ein wichtiger Player bei der Versorgung mit bestem heimischen Gemüse. Und da neben der Qualität vor allem auch konsequente Regionalität zur Unternehmensphilosophie zählt, legen Karl Herrets Bio-Tomaten gerade mal zwei Kilometer vom Gewächshaus bis in die LGV-Zentrale nach Simmering zurück.

Und diese optimale Nahversorgung aus nächster Nähe soll in Zukunft keineswegs nur mit regionalen Gemüselieblingen klappen: Auch die exotische Maracuja, die sonst oft aus fernen Ländern wie Kolumbien tausende Kilometer weit nach Österreich reist, befindet sich soeben bei Karl Herret im Testanbau, oder auch das ursprünglich aus Äthiopien und Ägypten stammende Power-Gemüse Okra. Auch die Inkawurzel Yacón gedeiht mittlerweile hier, genauso wie besonders aromatischer indischer Malabarspinat. Und über die mediterranen Melanzani, die hier in einträchtiger Nachbarschaft mit herrlichen alten, urösterreichischen Gemüsesorten und vielen feinen Kräuterraritäten zu Hause sind, wundert sich ohnehin kaum noch jemand – schon gar nicht Karl Herret, der mittlerweile als Hauptverantwortlicher des Testanbauprogramms der LGV Sonnengemüse längst auch die Klimazukunft unserer Region miterforscht.

Denn spätestens der zurückliegende Rekordsommer, der als einer der heißesten, trockensten und sonnigsten seit Beginn der Aufzeichnungen in die Meteorologiegeschichte eingehen dürfte, sollte uns mittlerweile klar gemacht haben: Wien liegt längst nicht mehr nur am blauen Donauufer. Und so mache Region Ostösterreichs und auch des pannonischen Raums Richtung Burgenland hat sich in den letzten Jahren mit kräftig zunehmenden Sonnentagen und sinkenden Niederschlagsmengen klimatisch ein deutlich spürbares Stückchen Richtung Mittelmeer bewegt. Von Olivenhainen auf der Wiener Ringstraße sind wir zwar noch glücklicherweise weit entfernt. Doch selbst relativ zurückhaltende Klimaprognosen schließen die Möglichkeit nicht aus, dass es in rund 30 Jahren in Wien eventuell so heiß sein könnte wie in Skopje, der Hauptstadt Nordmazedoniens. Und dort gedeihen bekanntlich nicht nur Oliven in Hülle und Fülle, sondern auch Granatäpfel, Feigen, japanische Äpfel und Kiwis.

„Es wird immer wichtiger, mit welchem Energiebedarf Nahrungsmittel erzeugt und transportiert werden. Deshalb erforschen wir z. B. im Freiland und im biologischen Anbau neue Produkte“
162 Gärtner- und Gemüsebauernfamilienbetriebe unter einem modernen Dach

„Unsere Anbauversuche sind ein sehr wichtiges Element unserer zukünftigen Produktion und unserer Zukunftsforschung“, sagt dazu auch LGV Sonnengemüse-Vorstand Josef Peck. „Als sehr innovations- und fortschrittsorientierter Betrieb müssen wir schon heute über die verschiedenen Antworten auf die laufende Veränderung der äußeren Bedingungen nachdenken, wie z. B. Klimawandel und Temperaturveränderung. Genauso müssen wir auch über aktuelle Zeitthemen wie die Energiekrise nachdenken; es wird immer wichtiger, mit welchem Energiebedarf Nahrungsmittel erzeugt und transportiert werden. 

Deshalb erforschen wir z. B. im Freiland und im biologischen Anbau neue Produkte, die diesem Anspruch an Nachhaltigkeit und Energiebilanz optimal entgegenkommen – und die Vorteile liegen bei exotischen Früchten und Gemüsen, die bislang oft weite Transportwege hinter sich haben, natürlich umso mehr auf der Hand. Neben diesem wachen Blick Richtung Zukunft ist es uns aber auch genauso wichtig, bei unseren klassischen Gewächshausprodukten wie Paprika, Gurken oder Paradeiser für Innovation zu sorgen und vor allem auch dafür, dass sie mit möglichst spannender Vielfalt für unsere Kunden und Kundinnen interessant und schmackhaft sind. Und dafür entwickeln wir bestehende Sorten laufend weiter, erwecken wertvolle alte Sorten wieder zum Leben und bemühen uns darum, Exoten aus fernen Ländern auf heimischem Boden zu kultivieren.“

„Unser besonderes Zukunftsengagement zählt natürlich umso mehr, je mehr wir es mit der Öffentlichkeit und unseren Kunden und Kundinnen teilen können. Dazu ist vor allem auch der Dialog und die Zusammenarbeit mit unseren führenden Handelspartnern – wie METRO – besonders wichtig“, betont Josef Peck. „Denn gerade METRO als engagiertem Partner der Gastronomie sind neue Food- und Nachhaltigkeitstrends ein besonderes Anliegen. Bei vielen Themen unterstützt METRO insbesondere heimische, regionale Innovatoren und Innovatorinnen im zukunftsweisenden Nahrungsmittelbereich in besonderer Weise. Daher ist METRO für uns ein wertvoller Partner, um unsere neuen Ideen weiterzuentwickeln und attraktiv an unsere Kunden und Kundinnen sowie Zielgruppen zu kommunizieren – nur so haben wir den Finger direkt am Puls unserer Konsumenten und Konsumentinnen und gewinnen wertvolles Feedback zu Trends und Kunden- und Kundinnenbedürfnissen.

Denn heute zählt bei Nahrungsmitteln vor allem die inhaltliche Qualität, die glaubwürdige, persönlich berührende Story hinter dem Produkt und seiner Nachhaltigkeit, die wir gemeinsam mit unseren Partnern und Partnerinnen so spannend und relevant wie möglich erzählen möchten. Und diese Themen können wir mit unseren echten Familienbetrieben und mit unserer sehr nahen und regionalen Produktion sehr gut abdecken. Denn wir bieten einerseits ursprüngliche, authentische Qualität direkt vom Bauernhof und zugleich die vielen modernen Logistik- und Know-how-Vorteile eines großen, zukunftsorientierten Unternehmens, die für konstante und zuverlässige Produktqualität bürgen. Vorteile, die speziell auch die österreichische Gastronomie sehr zu schätzen weiß – und damit alle METRO Profi-Kunden und -Kundinnen.“

Artischocken, Kiwano und Ingwer aus dem Burgenland

Wie erfolgreich das umfassende LGV Sonnengemüse-Bekenntnis zu Innovation und Vielfalt bei Klassikern ebenso wie bei Exoten sein kann, beweisen schon seit geraumer Zeit auch Heinrich und Hannes Unger aus Wallern im Seewinkel. Denn die beiden experimentierfreudigen Gemüsebauern kultivieren im pannonischen Klima des Seewinkels nicht nur beispielsweise zarte, aromatische Artischocken, sondern haben sich darüber hinaus auch noch an den Anbau einer ganz besonderen Exotin gewagt: der Kiwano. Dank 300 heißer Sonnentage fühlt sich das ursprünglich aus Afrika stammende Kürbisgewächs auch in der Neusiedlerseeregion pudelwohl und schmeckt mit seinem delikaten Aroma von Limone, Banane und Passionsfrucht überaus köstlich – auch wenn man beim lustigen Anblick der knallorangen, stachelig frechen Gurkengewächse wohl an alle möglichen ausgefallenen Herkunftsorte denken würde, aber wohl kaum an das so nahe Burgenland.

Auch den ursprünglich in Asien, Afrika oder Südamerika kultivierten Ingwer würde man kaum im Seewinkel vermuten. Doch dank der LGV Sonnengemüse-Produzenten und -Produzentinnen Gerhard Thüringer in Pamhagen und Claudia und Gerald Kern in St. Andrä gedeiht die würzig scharfe Knolle mittlerweile auch im Burgenland. Der entscheidende Unterschied: Bei dem in Österreich erhältlichen Ingwer handelt es sich zumeist um Lageringwer aus dem Ausland, der bereits mehrere Monate oder sogar mehr als ein Jahr alt sein kann. Der junge, frische Ingwer aus der Neusiedlerseeregion hingegen begeistert nicht nur mit kurzen Transportwegen, sondern dank seiner Frische auch mit einer äußerst angenehmen, bei Spitzenköchen und Spitzenköchinnen besonders begehrten Schärfe und Aromendichte.

Und um die Genüsse aus fernen Ländern im Sinne von Klimaschutz und Nachhaltigkeit noch ein entscheidendes Stückchen näher an Österreich heranzuholen, geht man bei den Seewinkler Sonnengemüse-Experten und Expertinnen sogar noch einen wichtigen Schritt weiter: Auch die Erzeugung eigenen heimischen Saatguts spielt bei den Zukunftsvisionen der LGV Sonnengemüse eine äußerst wichtige Rolle. Zwar wird der erfolgreiche Seewinkler Ingwer derzeit noch mit aus dem Ausland zugekauften Wurzelstöcken – dem sogenannten Rhizom – kultiviert. Doch der rapide Fortschritt der ambitionierten Anbauversuche wird es schon bald möglich machen, alle technischen und logistischen Herausforderungen zu meistern, um die Rhizome in Zukunft auch im Inland zu züchten – womit der heimische Ingwer dann wirklich ein komplett regionales Produkt aus Österreich sein wird.

ÖSTERREICHISCHER INGWER AUS PAMHAGEN UND ST. ANDRÄ.

Fotocredits: zweischrittweiter.at

MEHR STORYS